Illusion und Realität

17. Dezember 2024

Wenn Grenzen verschwimmen...

Abb.1 Inception, Film von Christopher Nolan

Der Sandmann:

Im Rahmen des Deutschunterrichtes widmen wir uns schon seit längerem dem Buch «Der Sandmann» von E. T. A. Hoffmann. In der Erzählung geht es um Nathanael, einen jungen Studenten, der zunehmend den Verstand verliert, nachdem er in seiner Kindheit ein traumatisches Erlebnis mit der Schauerfigur des Sandmanns hatte. Durch einen Brief an seinen Schwager schildert uns Nathanael dieses tragische Ereignis, welches mit dem Besuch des unheimlichen Anwalts Coppelius und dem Tod seines Vaters zusammenhängt. Dies bringt Nathanael zu der Überzeugung, dass Coppelius dieser vermeintliche Sandmann sein müsse. Die Angst vor Coppelius als personifizierter Sandmann begleitet Nathanael sein Leben lang und wirkt sich negativ auf seinen psychischen Zustand und seine Wahrnehmung aus. Als er später auf den Wetterglashändler Coppola trifft, der äusserliche Ähnlichkeiten mit Coppelius aufweist, rückt die Angst und das Trauma bei Nathanael nach längerer Zeit wieder in den Vordergrund.

Wie ich oben bereits erwähnt habe, verliert Nathanael zunehmend den Verstand, während die Grenzen von Realität und Illusion zu verschwimmen drohen. Auf dieses Thema will ich in meinem Blog genauer eingehen.

Die Grenzen der Realität und Illusion vermischen sich bei Nathanael, was sich besonders bei seiner Begegnung mit Olimpia zeigt, die in seinen Augen die perfekte Frau zu sein scheint. Er verliebt sich in sie und übersieht dabei das Offensichtliche: Olimpia ist kein echter Mensch, sondern nur eine künstlich erschaffene Puppe. Dabei erkennt man, dass Nathanael so tief in seiner eigenen Welt gefangen ist, dass seine Illusionen und Vorstellungen auch sein Handeln beeinflussen. Ein anderes Beispiel ist Nathanaels Beziehung zu Clara, die versucht ihm mit Vernunft zu helfen und seine Wahrnehmung zu klären. Doch ihre rationale Sichtweise steht im Gegensatz zu Nathanaels irrationalen Schlüssen. Im Buch «Der Sandmann» repräsentiert Clara die Vernunft und Aufklärung, während Nathanael für die Illusion und den Wahn steht, in denen er sich zunehmend selbst verliert. Die Erzählung zeigt, wie dünn die Grenze zwischen Realität und Einbildung eigentlich sein kann. Denn bis zum Ende weiss man nicht, ob tatsächlich eine höhere Macht im Spiel war oder ob sich alles nur in Nathanaels Kopf abgespielt hat.

Vergleich mit Inception:

Das Thema «Realität und Illusion» aus Hoffmanns Werk «Der Sandmann» hat in unserer heutigen Zeit eine grössere Bedeutsamkeit, als man vermutet. In einer Welt, die zunehmend von sozialen Medien, virtuellen Welten und künstlicher Intelligenz geprägt ist, verschwimmen auch für uns die Grenzen zwischen Realität und Inszeniertem. Dieses Thema wird nicht nur in der Literatur behandelt, sondern auch in modernen Science-Fiction-Filmen wie Inception. Dort bewegen sich die Charaktere in verschiedenen Traumebenen, die oft so real dargestellt werden, dass man sie nicht mehr von der Wirklichkeit unterscheiden kann. Durch ein spezielles Gerät ist es dem Protagonisten Dom Cobb möglich, in die Träume von anderen Menschen einzudringen, um dort geheime Informationen zu stehlen oder sie zu manipulieren. Doch dieses Gerät bringt auch negative Folgen mit sich. Cobbs eigene Wahrnehmung beginnt zu bröckeln, da er zu oft zwischen der Realität und der Traumwelt hin und her wechselt. Dieses Thema, das der Film aufwirft, erinnert stark an Nathanaels Schicksal. Genau wie er beginnt nämlich auch Dom Cobb an seiner Wahrnehmung zu zweifeln. Denn wie auch schon beim Buch von Hoffmann bleibt, das Ende des Filmes offen. Es ist unklar, ob sich der Hauptcharakter am Ende in der Realität befindet oder nicht. Jedoch gibt es einen grossen und auch bedeutenden Unterschied zwischen den beiden Enden. Bei «Der Sandmann» war Nathanael so fixiert auf die Vergangenheit und auf den Sandmann, dass es ihn am Ende in den Tod treibt. Beim Film Inception ist es jedoch anders. Dom Cobb hat sich verändert und akzeptiert, dass das, was ihn glücklicher macht, die Realität ist.

«Träume fühlen sich doch real an, während wir sie träumen. Erst, wenn wir aufwachen, fällt uns auf, dass irgendetwas seltsam war.»

~ Dom Cobb

Dieses Zitat stammt aus dem Film und spiegelt den Zustand von Nathanael als auch den von Cobb wider. In beiden Fällen hat sich das Verschmelzen von Illusion und Realität negativ auf die Psyche der Personen ausgewirkt. Beide Werke bringen uns dazu, darüber nachzudenken, ob das, was wir erleben, wirklich echt ist.

Über den Schreibprozess:

Quellen: